31.05.2016

Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft lud gemeinsam mit Thüringer Fachverbänden zum jährlichen Fachseminar Nutztierhaltung ein. Der gesamte Tag stand unter dem Thema „Milchproduktion“ und wurde von Referenten aus Politik und Wissenschaft gestaltet. Die Milchmarktkrise beherrscht die Branche – eine Lösung scheint nicht in Sicht. Große Erwartungen wurden an das Referat aus dem Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, gehalten von Herrn Dr. Kirchheim, gestellt. Herr Dr. Kirchheim verwies auf die eingeschränkten Regulationsmechanismen des Staates, wie Intervention und private Lagerhaltung. Deutschland produziert 20 % der europäischen Milchmenge und ist damit ein Hauptverursacher des Überangebotes auf dem Markt. Ohne Reduzierung der Milchmenge wird es keine Entlastung geben. Trotz der eingeschränkten Exportmöglichkeiten nach China und Russland sind die Exporte kaum zurückgegangen, d.h. wir haben kein Exportproblem sondern ein Angebotsproblem. Die Milchproduktion ist nicht Marktkonform. Die politische Unterstützung einer Mengenreduzierung kann nur auf europäischer Ebene erfolgen. Herr Dr. Kirchheim verwies auf mögliche Maßnahmen des Landes, die momentan geprüft werden. Ein helles Licht am Ende des Tunnels ist jedoch nicht erkennbar.

Herr Pfeiffer, Thüringer Bauernverband, kritisierte das massive Ungleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nachfrage an Milch und definierte den aktuellen Stand in der Milchproduktion als schwerste Agrarkrise seit 25 Jahren. Herr Pfeiffer kritisierte die Uneinigkeit im Bauernverband, nahm jedoch auch die Politik in Verantwortung. Das Milchaufkommen muss in Europa reduziert werden, nationale Alleingänge sind nicht Erfolg versprechend. Der Deutsche Bauernverband fordert von der Europäischen Kommission ein Hilfspaket, um Betriebe, die ihre Produktion aufgeben bzw. einschränken zu unterstützen.

Herr Prof. Thiele, Institut für Ernährungswirtschaft der Fachhochschule Kiel, kritisierte sachlich und objektiv die gegenseitigen Schuldzuweisungen von Wirtschaft und Politik. Die Schwankungen des deutschen Milchpreises hängen zu 80 % von Schwankungen des Weltmilchmarktes ab. Die EU ist mitverantwortlich an der Milchkrise, da es zu einem erheblichen Produktionszuwachs an Milch kam. In den letzten 10 Jahren kam es in Thüringen zu einem Wachstum von 10,8 %, in Deutschland insgesamt um 14,5 %. Die Liquiditätslage der Landwirte ist schlecht, die der Molkereien jedoch auch. Herr Prof Thiele wies darauf hin, dass die Preisschwankungen und damit die Milchpreiskrise eigentlich normal sind, wir haben uns nur noch nicht an die neue Normalität gewöhnt. Bereits vorhandene staatliche Kriseninstrumente sind teilweise Auslaufmodelle und von nur geringem Effekt, neue vorgeschlagene Kriseninstrumente ebenfalls. Betriebe sollten sich nicht auf den Staat verlassen, es sollten neue Geschäfts- und Liefermodelle zwischen Molkereien und Erzeugern geprüft werden. Insgesamt bewertete Herr Prof. Thiele die Thüringer Milcherzeuger als Betriebe mit einem hohen Know-How und einer guten Anpassungsfähigkeit, um eine hohe ökonomische Nachhaltigkeit in Zukunft zu erreichen.

Zum Thema Einsparpotentiale in der Milchkuhfütterung konnten von Herrn Prof. Steinhöfel, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, überraschende Erkenntnisse vermittelt werden. Die Präsentation kann zur Einsicht heruntergeladen werden.

Der Nachmittag war von Referenten aus den Landesanstalten in Thüringen und Sachsen sowie einem wissenschaftlichen Beitrag der Hochschule Anhalt, Bernburg gefüllt. Insgesamt ein Tag mit hohen Erwartungen, der uns jedoch gezeigt hat, dass es einen Königsweg aus der Krise nicht geben kann.